Freitag, 13. Dezember 2013

Die Regierung gibt schon ihr Bestes

Nachdem bald alles von allen gesagt worden sein wird, und es niemanden gibt, der das nun vorliegende Ergebnis nicht befürchtet oder zumindest geahnt haben wird, kann ich kaum noch etwas sagen. Nur eines vielleicht. Auch wenn es bestürzend und beängstigend ist, aber wir müssen wohl akzeptieren, dass die Regierung bereits ihr Bestes gibt. Mehr ist da nicht drin. – Fragt sich bloß: Sollten wir nicht als Bürger besser werden? Schärfer denken? Klarer reden? Mutiger handeln? Besser wählen?

Sonntag, 8. Dezember 2013

Das Weinviertel ist nicht nur dort

Trinken ist ausdrücklich erwünscht. Jimmy Schlager ermuntert sein Publikum gerne gleich zu Beginn. Oder jedenfalls kann man es so verstehen. Denn man weiß, er verträgt vieles, fast alles, »nur ka Wasser ned«. Immerhin heißt es ja Weinviertel und nicht Wasserviertel. Seine Bühne ist aber nicht nur die Bühne. Vermutlich ist sie das selten. Seine Bühne findet sich eher zwischen den Wirtshaustischen - wenn es solche noch gibt. Und wenn er am Rande einer Tafel singt, dann steht er dieser eigentlich vor. Dann sitzt man selbst auf der Bühne, begafft sich eindringlich und ertappt sich auf Schritt und Tritt, auf Schluck und Biss. Im Lachen wundert man sich, dass man lachen kann, und freut sich darüber. Denn die Erkenntnis, dass man kein Held ist, befreit ungemein – in Lignano ebenso wie in Wien.

Hören wir da Trinklieder? Ja, Trinklieder sind es allemal. So dürfen wir mithören, wie lustvoll und zielsicher er mit dem Wunsch nach einer „Frau zum Wein“ den schmalen Grat der Political Correctness verfehlen kann und will. Und dann gleich noch einmal, von der anderen Seite. Wenn wir ein paar Lieder später nämlich die Gerti kennenlernen, dann wissen wir eines ganz sicher: Die Gerti wünscht man sich nicht zum Wein, denn die sauft selber mit. Tänzelt Jimmy Schlager da etwa die Grenze des guten Geschmacks entlang, oder schwankt er sogar? Wie gesagt, wir lachen und sitzen selbst auf der Bühne.

Mit feinerem Ohr und Herz hören wir aber mehr, mehr als das. So ist „Mein GV“ nicht nur eine zarte Liebeserklärung an den Grünen Veltliner, es zeigt uns, dass man in einem Geschmack zu Hause sein kann, dass er eine Heimat ist, die mit anderen nicht zusammenstößt, sondern anstoßen will, ganz egal, was im Glas ist. So bezaubernd geht es freilich nicht immer zu. Wir sind – und das bringen Trinklieder mit sich – auch in die Tiefen und Untiefen der Gosse unterwegs und ans Lebensende. Wenn in Raimund‘scher Tonfolge das Schicksal aber nicht den Hobel, sondern den grünschimmernden Doppelliter ansetzt, dann merkt man erst, wie schnell der leer ist, und dass wir im letzten Hemd ohne Brand in der Kehle daliegen. Kein Trost?

„Bei uns dahaam“ liegt mir der Trost auch fern. Oder ist er doch ganz nahe? Dass sich der Opa am Parkplatz vom Hofer verfahren hat und das Enkerl schon wixen kann und es gleich der Oma erzählt, ist ein zweifelhafter Trost, aber komischerweise kann es einer sein. Vielleicht auch deshalb, weil man Tom Waits‘ Neighborhood niemals im Weinviertel vermutet hätte. Aber es ist dort. Und Jimmy Schlager hätte es nicht besser zeichnen können.

Während wir das letzte Glas austrinken, hören wir jetzt mehr als nur ein Trinklied. Wir hören eine starke und warmherzige Stimme aus dem Weinviertel, die weiß, dass hier keiner Recht behalten wird – im Wirtshaus nicht und nicht in Lignano, auf der Südosttangente ebenso wenig wie am Klo und anderswo auch nicht. Aber wir können unseren Blick liebevoll schärfen, unseren Blick für Menschen, denen wir Untertags begegnen, mit oder ohne Glas, im Weinviertel oder ganz woanders. Und wir können einfach innehalten und die Welt sich mal weiterdrehen lassen. Kann schon sein, dass jemand, der den Grünen Veltliner liebt, auch die Menschen liebt. Und es kann auch sein, dass wir öfter fragen sollten: „Werden Sie gestreichelt?“ Jedenfalls sollten wir dem Jimmy Schlager immer wieder zuhören, - aufmerksam, besoffen, liebevoll und lachend.

www.jimmyschlager.at