Jedem Sommerende wohnt eine Wehmut inne. Klar, dass man
dabei an den Vers eines berühmten Gedichtes denkt: „Und jedem Anfang wohnt ein
Zauber inne.“ Interessanterweise wird dieser Vers oft dem guten alten Goethe
unterstellt. Tatsächlich stammt er aber von Hermann Hesse. Und er fährt fort: „Der
uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“
Am Ende aber ist die Wehmut. Jedenfalls am Ende des Sommers.
Die Menschen bewegen sich nicht mehr so unbefangen entlang der Donau. Sie
scheinen den Sommer eher festhalten zu wollen als ihn freien Sinnes genießen zu
können. Ganz egal, ob sie sich trauen nochmal ins Wasser zu springen oder in
einem Boot den nun kühleren Fahrtwind spüren. Andere sitzen mit warmer Jacke
und hochgezogenen Schultern an einer Strandbar am Donaukanal, wärmen mit den
Handflächen einen kühlen Cocktail und halten ihn so fest – den Sommer.
Es war der Sommer, der mir
das erste Mal ein Gefühl von Unendlichkeit gab. Damals, als ich mit dem roten
Puch-Rennrad meines Vaters am ersten Tag der Sommerferien nach Judenburg fuhr, spürte ich ohne einen Gedanken:
dieser Sommer wird nie ein Ende nehmen. Er nahm ein Ende. Natürlich. Aber in gewisser
Weise gibt es diesen Sommer von damals bis heute.
Mittwoch, 28. August 2013
Dienstag, 27. August 2013
Kanzlerduell?
Kanzlerduell. Heiße Phase des Wahlkampfs. Kanzlerduell. Und
so weiter und so fort. Journalisten plappern es vor. Leser, Hörer, Seher und
wieder andere Journalisten plappern es nach. Auch renommierte. Es sei daran
erinnert, dass wir Ende September das Parlament wählen. Der Bundeskanzler wird vom
Bundespräsidenten ernannt. Und die Minister (lateinisch für Diener, Gehilfe,
Assistent) werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers ebenso vom Bundespräsidenten
angelobt. So weit so gut, so bekannt und offenbar auch unbekannt. Oder jedenfalls
sind die meisten daran nicht interessiert – der einfachen Überlegung folgend:
Naja egal, es werden halt die gewählt, die dann fünf Jahre das Sagen haben. Parlament?
Regierung? Egal.
Ist das wirklich egal? Ich denke nicht. Denn damit setzen wir unsere parlamentarische Demokratie aufs Spiel. Und das tun wir de facto auch. Denn in der Realität macht nur die Opposition Parlamentsarbeit. Die Abgeordneten der Regierungsparteien sind mehr oder weniger reine Vollzugbeamte von Regierungsvorgaben. Und sie werden von der Regierung auch so gesehen und behandelt.
Statt in unqualifiziert populistischer Weise mehr direkte Demokratie zu fordern, sollten wir die verfassungsmäßig verankerte repräsentative Demokratie auch wirklich leben. Und das bedeutet: die gewählten Abgeordneten haben die Bürger dieses Landes im Parlament zu repräsentieren. Zugleich vertreten sie ihre politische Ideen und Vorhaben in den Wahlkreisen, erklären dieses den Bürgern und diskutieren sie. In diesen Spannungsfeldern entsteht wirkliche Demokratie und Mitbestimmung.
Ist das wirklich egal? Ich denke nicht. Denn damit setzen wir unsere parlamentarische Demokratie aufs Spiel. Und das tun wir de facto auch. Denn in der Realität macht nur die Opposition Parlamentsarbeit. Die Abgeordneten der Regierungsparteien sind mehr oder weniger reine Vollzugbeamte von Regierungsvorgaben. Und sie werden von der Regierung auch so gesehen und behandelt.
Statt in unqualifiziert populistischer Weise mehr direkte Demokratie zu fordern, sollten wir die verfassungsmäßig verankerte repräsentative Demokratie auch wirklich leben. Und das bedeutet: die gewählten Abgeordneten haben die Bürger dieses Landes im Parlament zu repräsentieren. Zugleich vertreten sie ihre politische Ideen und Vorhaben in den Wahlkreisen, erklären dieses den Bürgern und diskutieren sie. In diesen Spannungsfeldern entsteht wirkliche Demokratie und Mitbestimmung.
Mittwoch, 21. August 2013
Offener Brief: Warum kandidieren Sie für den Nationalrat, Herr Bundeskanzler?
Sehr geehrter Herr Faymann, sehr geehrter Herr Spindelegger!
Mit freundlichen Grüßen
Den Medien entnehme ich, dass Sie Bundeskanzler werden
wollen. Warum kandidieren Sie dann aber für den Nationalrat? Als Bundeskanzler
werden Sie Mitglied der Bundesregierung sein und nicht Mitglied des
Nationalrates. Das sind zwei durch die Gewaltentrennung in unserer Verfassung
verschiedene und bewusst getrennte Institutionen.
Ich weiß, dass Sie das wissen. Und ich weiß auch um die
sogenannte österreichische „Realverfassung“, d.h. um den nachlässigen und
beugenden Umgang mit der Verfassung, der die Gewaltentrennung bis zur
Unkenntlichkeit vernebelt und bis zur Respektlosigkeit verkommen lässt. Ich
halte diesen Umgang für schädlich. Letztlich ist er mitverantwortlich dafür,
dass wir keine wirklich entwickelte und lebendige Demokratie haben. Zugleich
resultiert daraus die oft beklagte Politikverdrossenheit, die Sie aber nicht
wundern darf. Denn Sie und ihre Partei gestalten diese mit, da die Abgeordneten
der Regierungsparteien bloß als verlängerte, legislativ ab nickende Werkbank
der Partei- und Regierungsmeinung agieren.
Stattdessen sollten Abgeordnete in Ihren Wahlkreisen präsent
sein, mit Bürgern diskutieren, sich eine kritische Meinung bilden und diese in
die parlamentarische Auseinandersetzung einbringen, wodurch beide – Politiker
wie Bürger – stärker in die Pflicht genommen werden würden. Das wäre lebendige
Demokratie.
Die Realität ist aber eine andere: Abgeordnete heben bloß auf
Parteikommando ihre Hand. Alle fünf Jahre wird dann mit steriler Aufgeregtheit
ein Wahlkampf inszeniert, bevor jene Damen und Herren – eingetragen in
Parteilisten und angekreuzt vom Volk – wieder in den Nationalrat einziehen
dürfen, wo sie weitere fünf Jahre auf Kommando ihre Hand heben. Sie überlassen
damit die kritische Auseinandersetzung mit der Regierungsarbeit allein der Opposition.
So seltsam das für Sie klingen mag: Ich halte das für einen Fehler. Denn sie
verlieren dadurch an politischer Substanz.
Die zuletzt unter dem Titel „Demokratiepaket“ halbherzig geführten
Diskussionen über eine Stärkung der direkten Demokratie sind solange zweitrangig,
solange wir unsere repräsentative, parlamentarische Demokratie gar nicht wirklich
leben. Dazu bräuchten Sie aber nur den Clubzwang aufheben und ihre Abgeordneten
ermuntern, sich mit den Bürgern ihres Wahlkreises ernsthaft auseinanderzusetzen,
selbst und kritisch zu denken sowie ihre Meinung im Parlament energisch zu
vertreten.
Sie haben das ganz in ihrer Hand. Sie brauchen dafür keinen
Koalitionspartner. Und es kostet nichts. Sie brauchen es nur tun. Sie brauchen
dafür kein Gesetz ändern. Sie müssen nur die bestehenden Gesetze einhalten und dem
Geist der Verfassung folgen.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Rinofner
Dienstag, 20. August 2013
Notizen zu Armin Thurnhers „Republik ohne Würde“
„Republik
ohne Würde“ – Armin Thurnher hat ein gutes Buch geschrieben. Ein wesentliches
obendrein. Er bringt dankenswerterweise mit „Würde“ einen entscheidenden
Begriff in die politische Diskussion zurück, und zwar ohne moralinsaures
Pathos.
Wer sich
erwartet, sofort in den wild wuchernden Garten der teils skurrilen, teils
ekelerregenden und deprimierenden Possen sowie Kriminalstücke der
österreichischen Politik geführt zu werden, wird zunächst enttäuscht sein. Doch
keine Sorge. Sie werden kommen, in gewohnt brillanter, pointierter und
trennscharfer Sprache. Und sie werden die Ruhe im Garten gehörig stören.
Doch
zunächst stellt Armin Thurnher „Nachforschungen“ an. Und damit hebt er den
Begriff „Würde“ aus den Tiefen der Geschichte und des Denkens. Er entstaubt ich
nicht, wie man so unschön sagt. Das hat der Begriff auch nicht nötig. Er legt
ihn frei, macht ihn klarer, macht ihn zum Maßstab und leuchtet damit die
Untiefen und Abgründe der gegenwärtigen Politik aus. Die Begriffsklärung mag
anfangs etwas mühsam sein. Doch nur durch diese Nachforschungen geht einem –
wie man so schön sagt – etwas auf. Man versteht durch dieses Buch die österreichische
Realität nicht besser. Aber man sieht deutlicher, wie tief die geistigen und
sittlichen Schäden sind, die diese Republik sich in den letzten Jahren (Jahrzehnten?)
zugefügt hat.
Versteht man
dieses Buch aber bloß als ein Arsenal an Stichen in bzw. gegen die Unappetitlichkeiten
der österreichischen Politik, dann entgeht einem die Substanz. Dann bewegt man
sich lediglich auf der Ebene eines beliebigen und weitgehend unentscheidbaren
Für-und-Wider-Diskurses. Armin Thurnher geht aber weiter, er bohrt tiefer und
bezieht das Urteilsvermögen auf die aneinander gebundenen Begriffe Freiheit und
Würde. Damit gewinnt jeder, der ihm gedanklich wirklich folgt, einen Maßstab
für das jeweils eigene Denken und Handeln.
Natürlich
ist es ein Buch über Österreich. Aber nicht ausschließlich. Vielleicht gar
nicht in erster Linie. Es ist ein Buch über mich selbst und die Frage: Wie
bewahre ich meine Würde in diesem Land, oder in einem anderen? Wer auch immer
was auf dem Kerbholz hat, den ersten Schritt der Veränderung kann immer nur ich
selbst tun. Das ist tatsächlich eine Zumutung, eine Zumutung der Würde.
Ingeborg Bachmann sagte in einer oft erwähnten Rede, von der aber leider immer
nur der Titel zitiert wird: „Ich glaube, dass dem Menschen eine Art des Stolzes
erlaubt ist – der Stolz dessen, der in der Dunkelheit der Welt nicht aufgibt
und nicht aufhört, nach dem Rechten zu sehen.“ Darum geht es hier auch. Nicht
nur um Österreich.
Bemerkenswerter
Weise wurde und wird das Buch in einer breiteren österreichischen Medienöffentlichkeit kaum registriert.
Warum das so ist, ja geradezu sein muss – auch davon handelt dieses Buch, leben
wir doch inmitten einer strukturell korrumpierten Medienlandschaft, die der alltäglichen
Würdelosigkeit Hochglanz gibt. Supersauber.
Am Ende
lernen wir Nina kennen. Nina ist eine mobile Krankenpflegerin im Weinviertel. Armin
Thurnher begleitet sie einen Tag lang. Er kommentiert diesen Tag nicht. Er
erzählt ihn nur. Am Ende des Tages weiß man, was man vorher vielleicht nur
durchscheinen spürte. „Republik ohne Würde“ ist ein Buch über das Leben, über
mein Leben.
Wird dadurch
Politik weniger wichtig? Nein, wird sie nicht.
Freitag, 16. August 2013
Politik und Liebe
Liebe ist keine Kategorie der Politik, auch Nächstenliebe
nicht.
Politik kann und muss respektvoll sein. Ihre Aufgabe ist es,
die Rahmenbedingungen des Zusammenlebens so zu gestalten, dass sich Menschen in
Freiheit entsprechend ihrer Talente und Ziele entwickeln können.
Überall wo freie Menschen einander begegnen, wird es
Konflikte geben. Diese zu lösen oder zumindest in Würde – um einen von Armin
Thurnher dankenswerter Weise in das Politische wieder eingeführten Begriff zu
verwenden – lebbar zu machen, ist vorrangige Aufgabe der Politik.
Wer Liebe in die Politik einführt, macht aus ihr einen
Kampfbegriff und zeigt damit, dass er von beidem nichts versteht: von den Möglichkeiten
der Liebe nicht und ebenso wenig von Politik.
Man kann sich nicht vehement genug dagegen verwahren, von
einer politischen Partei geliebt zu werden – gleich welcher.
Hausverstand
Ich fürchte nichts mehr als den Hausverstand. Denn bei ihm hängt
alles davon ab, wo jemand zu Hause ist.
An sich ist das noch kein Problem. Doch nichts ist so rabiat überzeugt und im Auftreten so tyrannisch wie der Hausverstand. Er terrorisiert Menschen auch außerhalb des eigenen Hauses. Und das ist ein Problem.
An sich ist das noch kein Problem. Doch nichts ist so rabiat überzeugt und im Auftreten so tyrannisch wie der Hausverstand. Er terrorisiert Menschen auch außerhalb des eigenen Hauses. Und das ist ein Problem.
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