Freitag, 13. Dezember 2013

Die Regierung gibt schon ihr Bestes

Nachdem bald alles von allen gesagt worden sein wird, und es niemanden gibt, der das nun vorliegende Ergebnis nicht befürchtet oder zumindest geahnt haben wird, kann ich kaum noch etwas sagen. Nur eines vielleicht. Auch wenn es bestürzend und beängstigend ist, aber wir müssen wohl akzeptieren, dass die Regierung bereits ihr Bestes gibt. Mehr ist da nicht drin. – Fragt sich bloß: Sollten wir nicht als Bürger besser werden? Schärfer denken? Klarer reden? Mutiger handeln? Besser wählen?

Sonntag, 8. Dezember 2013

Das Weinviertel ist nicht nur dort

Trinken ist ausdrücklich erwünscht. Jimmy Schlager ermuntert sein Publikum gerne gleich zu Beginn. Oder jedenfalls kann man es so verstehen. Denn man weiß, er verträgt vieles, fast alles, »nur ka Wasser ned«. Immerhin heißt es ja Weinviertel und nicht Wasserviertel. Seine Bühne ist aber nicht nur die Bühne. Vermutlich ist sie das selten. Seine Bühne findet sich eher zwischen den Wirtshaustischen - wenn es solche noch gibt. Und wenn er am Rande einer Tafel singt, dann steht er dieser eigentlich vor. Dann sitzt man selbst auf der Bühne, begafft sich eindringlich und ertappt sich auf Schritt und Tritt, auf Schluck und Biss. Im Lachen wundert man sich, dass man lachen kann, und freut sich darüber. Denn die Erkenntnis, dass man kein Held ist, befreit ungemein – in Lignano ebenso wie in Wien.

Hören wir da Trinklieder? Ja, Trinklieder sind es allemal. So dürfen wir mithören, wie lustvoll und zielsicher er mit dem Wunsch nach einer „Frau zum Wein“ den schmalen Grat der Political Correctness verfehlen kann und will. Und dann gleich noch einmal, von der anderen Seite. Wenn wir ein paar Lieder später nämlich die Gerti kennenlernen, dann wissen wir eines ganz sicher: Die Gerti wünscht man sich nicht zum Wein, denn die sauft selber mit. Tänzelt Jimmy Schlager da etwa die Grenze des guten Geschmacks entlang, oder schwankt er sogar? Wie gesagt, wir lachen und sitzen selbst auf der Bühne.

Mit feinerem Ohr und Herz hören wir aber mehr, mehr als das. So ist „Mein GV“ nicht nur eine zarte Liebeserklärung an den Grünen Veltliner, es zeigt uns, dass man in einem Geschmack zu Hause sein kann, dass er eine Heimat ist, die mit anderen nicht zusammenstößt, sondern anstoßen will, ganz egal, was im Glas ist. So bezaubernd geht es freilich nicht immer zu. Wir sind – und das bringen Trinklieder mit sich – auch in die Tiefen und Untiefen der Gosse unterwegs und ans Lebensende. Wenn in Raimund‘scher Tonfolge das Schicksal aber nicht den Hobel, sondern den grünschimmernden Doppelliter ansetzt, dann merkt man erst, wie schnell der leer ist, und dass wir im letzten Hemd ohne Brand in der Kehle daliegen. Kein Trost?

„Bei uns dahaam“ liegt mir der Trost auch fern. Oder ist er doch ganz nahe? Dass sich der Opa am Parkplatz vom Hofer verfahren hat und das Enkerl schon wixen kann und es gleich der Oma erzählt, ist ein zweifelhafter Trost, aber komischerweise kann es einer sein. Vielleicht auch deshalb, weil man Tom Waits‘ Neighborhood niemals im Weinviertel vermutet hätte. Aber es ist dort. Und Jimmy Schlager hätte es nicht besser zeichnen können.

Während wir das letzte Glas austrinken, hören wir jetzt mehr als nur ein Trinklied. Wir hören eine starke und warmherzige Stimme aus dem Weinviertel, die weiß, dass hier keiner Recht behalten wird – im Wirtshaus nicht und nicht in Lignano, auf der Südosttangente ebenso wenig wie am Klo und anderswo auch nicht. Aber wir können unseren Blick liebevoll schärfen, unseren Blick für Menschen, denen wir Untertags begegnen, mit oder ohne Glas, im Weinviertel oder ganz woanders. Und wir können einfach innehalten und die Welt sich mal weiterdrehen lassen. Kann schon sein, dass jemand, der den Grünen Veltliner liebt, auch die Menschen liebt. Und es kann auch sein, dass wir öfter fragen sollten: „Werden Sie gestreichelt?“ Jedenfalls sollten wir dem Jimmy Schlager immer wieder zuhören, - aufmerksam, besoffen, liebevoll und lachend.

www.jimmyschlager.at

Mittwoch, 6. November 2013

Zepter und Bettelstab

Ich habe Teile eines alten Textes von mir gefunden. Bereits vor rund 16 oder 17 Jahren wollte die Stadt Graz das Betteln per Gesetz oder Verordnung verbieten. Die Themen sind heutzutage nicht anders. Heute werden Obdachlose, die im Wiener Stadtpark nächtigen wollen, nicht nur vertrieben, sondern mit absurden Strafen bedroht. Leider finde ich nicht mehr den ganzen Text, sondern nur noch Bruchstücke. Und diese gingen damals so:




Zepter und Bettelstab

Über Gesetze und ihren menschlichen Raum
(Graz 1997)

Dass unser gemeinschaftliches Leben durch Gesetze geregelt werden muss, ist unbestritten. Doch der praktische Wert von Gesetzen besteht nicht darin, den Interessen bestimmter Gruppen dienlich zu sein, sondern allein darin, die äußere Freiheit jedes einzelnen zu gewährleisten. »Das Recht ist also der Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des anderen nach einem allgemeinen Gesetze der Freiheit zusammen vereinigt werden kann« (Immanuel Kant, Metaphysik der Sitten, A 33). Die Mittel des Rechts sind freilich Beschränkung und Zwang, doch sein alleiniger Zweck ist Freiheit, wodurch zugleich das allgemeine Kriterium für ein menschenwürdiges Gesetz genannt ist. Ein Verbot ist aus menschenwürdiger Gesinnung nur dann zu rechtfertigen, wenn das Verbotene dem Freiheitsrecht eines anderen widersprechen würde. Tut es dies nicht, so geht aus dem allgemeinen Gesetz der Freiheit hervor, dass das Verbot seinerseits zu verbieten ist. Man bedenke: Es ist hier von Freiheiten, und nicht von Empfindlichkeiten die Rede. Eine bettelnde Hand - gleich wie sie aussieht - wird niemals die Freiheit einer Person verletzten, sie wird höchstens an deren Empfindlichkeiten rühren. Gesetze, die bloß auf Vorlieben und Empfindlichkeiten von einzelnen Personen oder Gruppen Rücksicht nehmen, widersprechen dem Geist des Freiheitsrechtes, sie sind absolut willkürlich und - ganz gleich wie und ob sie exekutiert werden - der Struktur nach inhuman. Es würde überdies keine prinzipielle Grenze des Verbietens geben, allein die zufällige Machtverteilung in den Entscheidungsgremien würde darüber befinden, was zu verbieten ist. Wäre beispielsweise im Gemeinderat die Gruppe derjenigen stark genug, die den Anblick krankhaft-trauriger Gesichter nicht ertragen könnten, dann müssten die Melancholiker zu Hause bleiben, oder die Brillenträger, oder die Unrasierten, die Stinkenden, oder die Dicken, die Kahlköpfigen, oder die Kinder, die Frauen, die Alten, oder die Parfümierten, oder die Obdachlosen ..., eben je nach Empfindlichkeitskonzentration im Gemeinderat oder sonstwo.
 
Menschliches Leben will sich in all seinen Möglichkeiten entfalten: Es will sich erhalten, es will genießen und freudvoll sein, es will geistig und moralisch sich bilden, sich verwirklichen ... und es will sich hierin wohltun. Es ist der große Anspruch vernunftbegabter Menschlichkeit, auch jeden anderen - so gut es geht - in dieser Entfaltung zu fördern. Und so ist es überdies eine der hervorragendsten Aufgaben des Rechts, jene menschliche Entfaltung nicht nur zu unterstützen, sondern auch zu stimulieren.
 
»Wären die Menschen pünktlich gerecht, so möchte es keine Armen geben, in Ansehung derer wir dieses Verdienst der Wohltätigkeit zu beweisen glauben und Almosen geben« (Immanuel Kant, Eine Vorlesung über Ethik, Fischer 1990, S. 251). Von zwei Tugenden ist hier die Rede, von Großherzigkeit und Gerechtigkeit. Es ist leicht zu sehen, daß ein Gesetz, welches das Betteln verbieten möchte weder die eine noch die andere fördert, im Gegenteil, es untergräbt sie beide, und es untergräbt ihren Zusammenhang. Indem eine Gemeinschaft, jene Armut, die nicht mehr anders kann, als sich in den Straßen zu zeigen, indem sie also jene in und an ihr Gestrandeten aus dem Straßenbild verbannt, verbannt sie zugleich auch ihre eigene Schuldigkeit, und beinahe unbemerkt geht in diesem Sog die Tugend der Großherzigkeit Stück für Stück verloren. Was bleibt ist eine Rechtshülse als Gesetz, die weder dem Gebenden noch dem Bedürftigen Raum für menschliche Lebendigkeit gibt. Ein Gesetz, das seine »Befugnis zu zwingen« nicht uneingeschränkt in den Dienst der Freiheit stellt, verliert mit der humanen Gesinnung zugleich seinen Grund.
 
Kant nannte das Recht einmal den Augapfel Gottes auf Erden, und wir müssen stets darauf achten, dass daraus nicht die Argusaugen von Lobbys werden.

Montag, 4. November 2013

Durch den Tag und über Land mit Ö1

Der frühe Morgen ist oft einsam und unbehaust. Dieser Tage auch kalt. Vertraute und kluge Stimmen aus dem Früh- oder Morgenjournal sind meine erste Verbindung nach draußen. Nach und nach werden die Damen und Herren Redakteure in mein Wohn- oder Badezimmer geschaltet. Sie berichten von der kleinen Welt in Österreich und der großen Welt drumherum. Sie erzählen von Konferenzen und Vorfällen, von Zusammenhängen, von Bühnen und Ausstellungsräumen, von Katastrophen und Ungeheuerlichkeiten, von Errungenschaften, Erstaunlichem, Berührendem. Sie lassen zu Wort kommen. Sie lassen Menschen zu Wort kommen. Auch solche, denen ich gar nicht zuhören will. Das ist gut so. Das bringt mich in Bewegung. An manchen Tagen endet der Moderator mit einem warmherzigen, vielleicht auch schalkhaften, aber deshalb nicht minder ernsten »carpe diem!« das Journal. Es ist Halbacht. Ich muss gehen. Den Carpe-Diem-Mann hab‘ ich in mein Herz geschlossen.

Freilich habe ich tagsüber kaum Zeit und Möglichkeit, mit Ohr, Herz und Verstand den vielen Radiostimmen zu folgen. Es bleibt Vieles ungehört, obwohl es gehört gehörte. Das ist mir schmerzlich bewusst. Ein kleiner Trost sind die Podcasts, die ich - sorgsam gehütet auf dem Smartphone (es hat wohl deshalb diesen Namen) - am Samstagmorgen beim Einkaufen höre oder während ich für das Frühstück sorge. Da kann es schon sein, dass ich zehn Minuten lang gedankenverloren vor dem Kühlregal ausharre und eine seltsame Figur abgebe während mir eine kundige Stimme von der Ingenieurskunst in der Teichwirtschaft des 14. bis 16. Jahrhunderts erzählt.

Aber manchmal kann ich mir tagsüber die Zeit nehmen, oder noch besser: es gibt eine Autofahrt. Dann höre ich beispielsweise einiges über »Märkte und Moral«, von Adam Smith und der schottischen Aufklärung, von der Leidenschaft zur Unterwasserfotografie, vom seltsamen und urtümlichen Tapir in Südamerika (wie sieht dieses Tier eigentlich aus? Ich muss das unbedingt googeln.) Dann erklärt mir jemand die neuesten Erkenntnisse der Cholesterin-Forschung (hellhörig spür‘ ich im Magen meinen Ernährungsgewohnheiten nach), oder ich erfahre, wie genau man es mit den Normbuchstaben in der österreichischen Schulschrift nimmt. Und das ist ein guter Anlass, über die Handschrift im Allgemeinen und die von Karl Kraus im Besonderen zu reden. Unfassbar. Dieses Radio, das fast immer bei mir ist und dessen Funkhaus in meiner Nachbarschaft steht, ist eine riesige und lebende Bibliothek von Hörbüchern. Jeden Tag kommt ein Neues und Überraschendes dazu.

Was habe ich selbst von diesem Tag erlebt? Ein paar Kilometer auf der regennassen A23 ans andere Ende von Wien. Das fahle Licht in Meeting-Räumen. Ein paar Mal einen Blick aus dem Fenster über die Donau hinweg. Und dann wieder nach Hause, quer durch Wien. Der Regen hat aufgehört. Das melden auch die Nachrichten. Der Carpe-Diem-Mann hat seinen Tag wohl genützt und ist jetzt zu Hause.

Das Salzburger Nachtstudio gibt es immer noch. Am Abend um neun. War das damals nicht später? Tatsächlich in der Nacht? Oder erschien mir diese Abendzeit als Teenager einfach nächtlicher als heute? Ich erinnere mich an eine Sendung über Ludwig Wittgenstein. Schon damals - obwohl aufgewühlt und angezogen - war ich mir am Ende unsicher, wie viel ich davon verstanden hatte. Heute weiß ich: praktisch nichts. Aber im Zuhören in der Nacht wurde mir durch die Stimmen so eindringlich klar, dass ich hier etwas verstehen wollte, musste. Zum Glück nahm ich die Sendung auf - auf Kassette. Irgendwann verwickelte sich das Tonband im alten Rekorder und riss.

Schmerzlich vermisse ich den »Schalldämpfer« von Axel Corti. Den kann ich nur noch von meinem IPhone hören. Eine freundlich-umständliche Kundendienst-Mitarbeiterin vom ORF hat mir einmal alle verfügbaren Sendungen zu einem Minutentarif auf CD gebrannt. Ein Liebesdienst.

Autofahrten sind wunderbar. Am besten über Land, lange und ins Wochenende hinein. Am Freitag. Besser kann man nicht »von Tag zu Tag« hören. Menschen sprechen miteinander. Hier sprechen wirklich Menschen. Hier werden mir keine auf die Werbeminuten zugeschnittenen O-Ton-Schnipsel vorgespielt. Und Versprecher gibt es auch. In allen Sendungen, dann und wann. Es ist nicht wahr, wenn ich sage, dass mir diese Versprecher am wichtigsten sind. Aber dass ich mich darüber freue, ist wahr. Nicht Schadenfreude. Echte Freude. Weil hier echte Menschen sprechen - und denken. Die kurzen Pausen, die kleinen Irritationen erzählen etwas. Winkt dem Moderator etwa eine Kollegin aufgeregt zu, legt ihm jemand eine Korrektur oder eine eben erst hereintickernde Meldung hin? War er abgelenkt durch einen weiterführenden Gedanken? Eine berührende Vorstellung in oft gedankenlosen Zeiten.

Moment! Nun stehen 15 Minuten Kostnotizen am Programm. Und 15 Minuten sind keineswegs zu viel für die kleinen Bissen, die wir oft viel zu achtlos im Mund haben: die Quitte, das Gurkerl, den Knoblauch, das Ketchup ... Jeden Freitag gibt es einen neuen ganz kleinen Bissen. Doch Achtung! Jetzt kommt Rudi. Rudi? Ja, Rudi, der Radiohund. Ich freu‘ mich und zugleich spüre ich den irritierten Blick meiner Frau neben mir: »Das ist doch für Kinder! Magst du das wirklich?« Ich räuspere mich verlegen, fühle mich aber von der Tatsache, dass wir auf der Welle eines Kultursenders sind, ausreichend unterstützt: »Ja«, sage ich, »ich mag den Rudi, sehr sogar.« Ruhe im Wagen. Man hört nur noch den rasenden Hund Rudi, Rosi und den Tonmeister. Waff!

In den Spielräumen muss ich etwas verweilen, so oft es geht. Für jemand wie mich, der Musik mag, aber nur eine maximal durchschnittliche musikalische Bildung hat, ist diese Sendung ein unentwegt anziehendes Rätsel. Die Damen und Herren, die hier sprechen, wissen alles über Arabesken, über Dur, Moll und Synkopen, über Jazz, Volksmusik aus aller Welt, Musik verschiedener Völker, über Barock oder Underground Rock. Und sie wissen alles mit einer Leichtigkeit zu benennen, als wären all diese Begriffe in die Klänge hineingeschrieben, und als würden sie 36 Stunden am Tag Musik hören. Manchmal fürchte ich mich vor Musiksendungen. Ich fürchte mich davor, dass mich die Stücke nerven und ich keinen Ton verstehe. Aber die »Spielräume« haben mir noch immer die Angst genommen. Sie machen vertraut mit der Welt der Musik und der Musik der Welt. Manchmal kann man hier auch die großartige Mirjam Jessa hören.

Es ist Sonntagabend. Wir fahren nach Hause. Gut möglich, dass sich der nächste Morgen wieder einsam und unbehaust anfühlt - und kalt. Aber ich schalte wieder das Radio ein.

Freitag, 4. Oktober 2013

Demokratisch?

Natürlich ist das eine Mutmaßung. Aber ich halte weder die FPÖ noch das Team Stronach  im Kern für demokratische Parteien.
 
Sie sind demokratisch gewählt. Ja, das schon. Üblicherweise lässt sich die politische Diskussion an dieser Stelle auf ein Missverständnis ein. Denn hier wird unter „demokratisch“ bloß ein mathematisches Ermittlungsverfahren verstanden, mit dem festgelegt wird, wer wie viel Sitze im Nationalrat oder wie viel Anteil an der zu verteilenden Macht hat. Demokratie als Technik der Machtverteilung.
 
Das ist ein Minimalverständnis von Demokratie, das demokratische Strukturen im Grunde aushebelt, umgeht oder abschafft, sobald einer der Akteure die notwendigen Machtpositionen erreicht hat (man denke nur an den zig-fachen Auszug der FPK-Truppe aus dem Kärntner Landtag). Dieses Minimalverständnis ist keine verlässliche Basis für eine Demokratie. Im Gegenteil. Es beinhaltet die Gefahr, ein demokratisches System auf demokratischem Wege abzuschaffen. Und genau das sehe ich strukturell in FPÖ und Team Stronach angelegt.
 
Demokratische Gesinnung muss mehr sein als nur ein Stimmen-Zählvorgang. Demokratische Gesinnung zeigt sich erst in der Machtausübung. Und das bedeutet: Vielfalt zuzulassen und zu fördern, politisch Andersdenkende zu Wort kommen und auch zur Tat schreiten zu lassen, Minderheiten ihre Selbstbestimmung als Recht und nicht als Almosen zu geben. Die demokratische Gesinnung einer Partei zeigt sich dann, wenn sie die absolute Mehrheit erreicht. Erst dann beginnt der demokratische Prozess. Trotz allen Gestaltungsrechtes, das eine Partei durch eine Wahl erwirbt, muss sie den politisch Andersdenkenden nicht nur Mitsprache, sondern auch Gestaltungsmöglichkeiten zugestehen. Ohne das gibt es keine demokratische Kultur. Wer glaubt, mit absoluter Mehrheit absolut regieren zu können, zerstört die Demokratie.
 
Demokratie ist keine einfache Sache. Demokratie ist schwierig. Aber wir konnten nie davon ausgehen, dass es einfach werden würde. Nicht in der griechischen Antike und auch heute nicht.

Freitag, 27. September 2013

Korruption und Teilzeitpolitik

Die Einfälle von Frank Stronach finden immer weniger Gehör. Das ist einerseits seine eigene Leistung, andererseits aber auch die Leistung der Zuhörer und Zuseher.

Aber eine These verdient nach wie vor Aufmerksamkeit, da nicht auszuschließen ist, dass so mancher dabei leicht mit dem Kopf nickt oder sich am Stammtisch feixend auf die Schenkel klopft. Auf Stronach-Inseraten kann man neuerdings wieder lesen: „Berufspolitik führt zu Freunderlwirtschaft und Korruption. Deshalb will ich keine Berufspolitiker. 2 Perioden im Parlament sind genug. Wir müssen den Sumpf der Korruption jetzt trockenlegen.“

Nach zwei Legislaturperioden ist also Schluss. Dann geht’s wieder ab in die Privatwirtschaft oder wohin auch immer. Eine gute Idee? Wie wird sich ein solcher Politiker während seiner kurzen politischen Laufbahn verhalten?

Stellen wir uns dabei einen Politiker vor, der etwas von der Wirtschaft, vor allem von seiner eigenen, versteht. Er wird, ja er muss sich geradezu schon während seines Politikerdaseins nach einem neuen Job umsehen. Und dabei wird sehr bald die Neigung entstehen, sich bestimmten Firmen oder Branchen anzudienen. Entsprechend gefällige Gesetze werden die Folge sein.

Umgekehrt werden sich Firmen-Bosse und Public Affairs Manager aktiv in Parlament und Regierung umsehen und sich den Einfluss auf jene Politiker sichern, die sie dann in ihren Unternehmen arbeiten lassen. Politische Institutionen verkommen so zum Marktplatz für eine zahlungsfähige Firmen-Klientel. Und genau das scheint Frank Stronach auch zu wollen. Nur, das bedeutet nicht Beendigung, sondern Vertiefung und Ausweitung der Korruption.

In diesem Fall sollte man ein Transparenz-Gesetz beschließen, das folgendes festlegt: Politiker müssen in ihrer letzten Amtsperiode  - wie Fußballer oder Skiläufer – am Sakko, Hemd, Pullover oder am Hut die Werbung jener Firma tragen, in der sie nach ihrer politischen Laufbahn unterkommen werden. Das wird die Politik bunter machen, jedenfalls die Kleidung.

Freitag, 20. September 2013

Was meint der Papst?

Der Papst lässt aufhorchen. Von Anfang an. Zunächst mit einem „ Buona sera!“ am Peterplatz. Neuerdings mit einer neuen Tonalität in Fragen der Sexualmoral. Keine Frage, dieser Papst bewegt. Gut möglich, dass er auch etwas bewegt. Doch was bedeutet das?

Hören wir ihm letzten Interview etwas zu: "Wir können uns nicht nur mit der Frage der Abtreibung befassen, mit homosexuellen Ehen, mit Verhütungsmethoden. Das geht nicht. Ich habe nicht viel über diese Sachen gesprochen. Das wurde mir vorgeworfen. Aber wenn man davon spricht, muss man den Kontext beachten. Man kennt ja übrigens die An­sichten der Kirche, und ich bin ein Sohn der Kirche. Aber man muss nicht endlos davon sprechen." Außerdem sagt er: „Wir dürfen die Universalkirche nicht auf ein schützendes Nest unserer Mittelmäßigkeit reduzieren … Wir müssen also ein neues Gleichgewicht finden, sonst fällt auch das moralische Gebäude der Kirche wie ein Kartenhaus zusammen.“ Und in einer konkreteren Angelegenheit meint er. „Einmal hat mich jemand provozierend gefragt, ob ich Homosexualität billige. Ich habe ihm mit einer anderen Frage geantwortet: 'Sag mir: Wenn Gott eine homosexuelle Person sieht, schaut er die Tatsache mit Liebe an oder verurteilt er sie und weist sie zurück?'“
 
Keine Frage, Sätze wie diese sind nach Jahrhunderten der Verengung und Geiselhaft eine Sensation. Und dass der Papst seiner Kirche eine Besessenheit von der Sexualmoral vorwirft, hätte ich nie erwartet, von einem Papst zu hören. Allerdings ist das lange überfällig, denn es ist äußert als seltsam (und eben auch vielsagend), dass eine spirituelle Vereinigung wie die Kirche die Welt von der sexuellen Lebendigkeit der Menschen stärker bedroht sieht als durch moralische Defizite im gesellschaftlichen, religiösen, wirtschaftlichen und politischen Leben. Hier beginnt also jemand klarer zu denken und Klartext zu reden. Das ist erfreulich.
 
Doch wenn ich Franziskus genau zuhöre, dann werde ich sehr bald skeptisch. Spricht hier ein Wolf im Schafspelz? Entsteht hier bloß eine Toleranz durch Ignoranz? Aussagen wie „Man kennt die Ansichten der Kirche … Aber man muss nicht endlos davon sprechen“ scheinen das nahezulegen. Die Haltung der Kirche wird im Kern nicht verändert. Nur der Fokus verändert sich. Er wird breiter. Oder er wird verschoben. Das Brennglas des Moralisierens wird nicht oder weniger häufig auf die Sexualität gelegt. Doch die Überzeugung der Glaubenskongregation, dass beispielsweise die natürliche von Gott gemachte Ordnung durch Homosexualität verletzt wird, bleibt. Und damit bleibt auch die strukturelle Gewaltsamkeit einer so begründeten Überzeugung. Der Papst will sie nur zurückhaltend ausgedrückt wissen.
 
Dennoch liegt darin eine Hoffnung. Die Hoffnung, dass sich eine große Organisation wie die Kirche einem echten Dialog stellt. Einem Dialog, in dem das Ergebnis nicht schon dogmatisch vorweggenommen ist. Diese neue Haltung wird die Kirche vielleicht auch in ihren Kernthesen verändern. Doch es ist größte Vorsicht geboten. Denn es kann auch eine Marketingstrategie sein, die sich darum bemüht, den dogmatischen Kern kirchlicher Wahrheitsbehauptungen am gegenwärtigen Meinungsmarkt besser zu bewerben.

Donnerstag, 5. September 2013

Todesstrafe?

Der nordamerikanische Wirrkopf-Import in den österreichischen Wahrkampf sorgt für unerwartete Diskussionen. Diese sollte aber kurz und prägnant sein. Für die Todesstrafe gibt es kein Argument, das in einer zivilisierten und rechtsstaatlichen Gesellschaft zulässig ist. Pragmatische Argumente des Nutzens sowieso nicht. Warum?
 
Dass die Todesstrafe ein Widerspruch in sich selbst ist, da man ein Gewaltverbrechen mit einer gleichrangigen Gewalttat sanktioniert, greift als Argument allerdings zu kurz. Denn genau das tut jeder Rechtsstaat. So ist beispielsweise Freiheitsentzug ein Verbrechen, das mit Freiheitsentzug geahndet wird. Und selbstverständlich gibt es dafür zahlreiche weitere Beispiele.
 
Aus meiner Sicht liegt das wahre Argument gegen die Todesstrafe tiefer. Staatliches, säkulares Recht regelt das Leben. D.h. es regelt im Unterschied zu manchen religiösen Rechtssystemen ausschließlich das Diesseits, nicht das Jenseits. Insofern dürfen sich Rechte, Pflichten und Sanktionen auch nur auf das Diesseits, auf das Leben beziehen. Für jede Strafe, die die Grenzen des Lebens verlässt, gibt es keine rechtliche Begründung.

Mittwoch, 28. August 2013

Sommerende

Jedem Sommerende wohnt eine Wehmut inne. Klar, dass man dabei an den Vers eines berühmten Gedichtes denkt: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ Interessanterweise wird dieser Vers oft dem guten alten Goethe unterstellt. Tatsächlich stammt er aber von Hermann Hesse. Und er fährt fort: „Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“

Am Ende aber ist die Wehmut. Jedenfalls am Ende des Sommers. Die Menschen bewegen sich nicht mehr so unbefangen entlang der Donau. Sie scheinen den Sommer eher festhalten zu wollen als ihn freien Sinnes genießen zu können. Ganz egal, ob sie sich trauen nochmal ins Wasser zu springen oder in einem Boot den nun kühleren Fahrtwind spüren. Andere sitzen mit warmer Jacke und hochgezogenen Schultern an einer Strandbar am Donaukanal, wärmen mit den Handflächen einen kühlen Cocktail und halten ihn so fest – den Sommer.

Es war der Sommer, der mir das erste Mal ein Gefühl von Unendlichkeit gab. Damals, als ich mit dem roten Puch-Rennrad meines Vaters am ersten Tag der Sommerferien nach Judenburg fuhr, spürte ich ohne einen Gedanken: dieser Sommer wird nie ein Ende nehmen. Er nahm ein Ende. Natürlich. Aber in gewisser Weise gibt es diesen Sommer von damals bis heute.

Dienstag, 27. August 2013

Kanzlerduell?

Kanzlerduell. Heiße Phase des Wahlkampfs. Kanzlerduell. Und so weiter und so fort. Journalisten plappern es vor. Leser, Hörer, Seher und wieder andere Journalisten plappern es nach. Auch renommierte. Es sei daran erinnert, dass wir Ende September das Parlament wählen. Der Bundeskanzler wird vom Bundespräsidenten ernannt. Und die Minister (lateinisch für Diener, Gehilfe, Assistent) werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers ebenso vom Bundespräsidenten angelobt. So weit so gut, so bekannt und offenbar auch unbekannt. Oder jedenfalls sind die meisten daran nicht interessiert – der einfachen Überlegung folgend: Naja egal, es werden halt die gewählt, die dann fünf Jahre das Sagen haben. Parlament? Regierung? Egal.

Ist das wirklich egal? Ich denke nicht. Denn damit setzen wir unsere parlamentarische Demokratie aufs Spiel. Und das tun wir de facto auch. Denn in der Realität macht nur die Opposition Parlamentsarbeit. Die Abgeordneten der Regierungsparteien sind mehr oder weniger reine Vollzugbeamte von Regierungsvorgaben. Und sie werden von der Regierung auch so gesehen und behandelt.

Statt in unqualifiziert populistischer Weise mehr direkte Demokratie zu fordern, sollten wir die verfassungsmäßig verankerte repräsentative Demokratie auch wirklich leben. Und das bedeutet: die gewählten Abgeordneten haben die Bürger dieses Landes im Parlament zu repräsentieren. Zugleich vertreten sie ihre politische Ideen und Vorhaben in den Wahlkreisen, erklären dieses den Bürgern und diskutieren sie. In diesen Spannungsfeldern entsteht wirkliche Demokratie und Mitbestimmung.

Mittwoch, 21. August 2013

Offener Brief: Warum kandidieren Sie für den Nationalrat, Herr Bundeskanzler?

Sehr geehrter Herr Faymann, sehr geehrter Herr Spindelegger!
 
Den Medien entnehme ich, dass Sie Bundeskanzler werden wollen. Warum kandidieren Sie dann aber für den Nationalrat? Als Bundeskanzler werden Sie Mitglied der Bundesregierung sein und nicht Mitglied des Nationalrates. Das sind zwei durch die Gewaltentrennung in unserer Verfassung verschiedene und bewusst getrennte Institutionen.
 
Ich weiß, dass Sie das wissen. Und ich weiß auch um die sogenannte österreichische „Realverfassung“, d.h. um den nachlässigen und beugenden Umgang mit der Verfassung, der die Gewaltentrennung bis zur Unkenntlichkeit vernebelt und bis zur Respektlosigkeit verkommen lässt. Ich halte diesen Umgang für schädlich. Letztlich ist er mitverantwortlich dafür, dass wir keine wirklich entwickelte und lebendige Demokratie haben. Zugleich resultiert daraus die oft beklagte Politikverdrossenheit, die Sie aber nicht wundern darf. Denn Sie und ihre Partei gestalten diese mit, da die Abgeordneten der Regierungsparteien bloß als verlängerte, legislativ ab nickende Werkbank der Partei- und Regierungsmeinung agieren.
 
Stattdessen sollten Abgeordnete in Ihren Wahlkreisen präsent sein, mit Bürgern diskutieren, sich eine kritische Meinung bilden und diese in die parlamentarische Auseinandersetzung einbringen, wodurch beide – Politiker wie Bürger – stärker in die Pflicht genommen werden würden. Das wäre lebendige Demokratie.
 
Die Realität ist aber eine andere: Abgeordnete heben bloß auf Parteikommando ihre Hand. Alle fünf Jahre wird dann mit steriler Aufgeregtheit ein Wahlkampf inszeniert, bevor jene Damen und Herren – eingetragen in Parteilisten und angekreuzt vom Volk – wieder in den Nationalrat einziehen dürfen, wo sie weitere fünf Jahre auf Kommando ihre Hand heben. Sie überlassen damit die kritische Auseinandersetzung mit der Regierungsarbeit allein der Opposition. So seltsam das für Sie klingen mag: Ich halte das für einen Fehler. Denn sie verlieren dadurch an politischer Substanz.
 
Die zuletzt unter dem Titel „Demokratiepaket“ halbherzig geführten Diskussionen über eine Stärkung der direkten Demokratie sind solange zweitrangig, solange wir unsere repräsentative, parlamentarische Demokratie gar nicht wirklich leben. Dazu bräuchten Sie aber nur den Clubzwang aufheben und ihre Abgeordneten ermuntern, sich mit den Bürgern ihres Wahlkreises ernsthaft auseinanderzusetzen, selbst und kritisch zu denken sowie ihre Meinung im Parlament energisch zu vertreten.
 
Sie haben das ganz in ihrer Hand. Sie brauchen dafür keinen Koalitionspartner. Und es kostet nichts. Sie brauchen es nur tun. Sie brauchen dafür kein Gesetz ändern. Sie müssen nur die bestehenden Gesetze einhalten und dem Geist der Verfassung folgen.

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Rinofner 

Dienstag, 20. August 2013

Notizen zu Armin Thurnhers „Republik ohne Würde“

„Republik ohne Würde“ – Armin Thurnher hat ein gutes Buch geschrieben. Ein wesentliches obendrein. Er bringt dankenswerterweise mit „Würde“ einen entscheidenden Begriff in die politische Diskussion zurück, und zwar ohne moralinsaures Pathos.

Wer sich erwartet, sofort in den wild wuchernden Garten der teils skurrilen, teils ekelerregenden und deprimierenden Possen sowie Kriminalstücke der österreichischen Politik geführt zu werden, wird zunächst enttäuscht sein. Doch keine Sorge. Sie werden kommen, in gewohnt brillanter, pointierter und trennscharfer Sprache. Und sie werden die Ruhe im Garten gehörig stören.

Doch zunächst stellt Armin Thurnher „Nachforschungen“ an. Und damit hebt er den Begriff „Würde“ aus den Tiefen der Geschichte und des Denkens. Er entstaubt ich nicht, wie man so unschön sagt. Das hat der Begriff auch nicht nötig. Er legt ihn frei, macht ihn klarer, macht ihn zum Maßstab und leuchtet damit die Untiefen und Abgründe der gegenwärtigen Politik aus. Die Begriffsklärung mag anfangs etwas mühsam sein. Doch nur durch diese Nachforschungen geht einem – wie man so schön sagt – etwas auf. Man versteht durch dieses Buch die österreichische Realität nicht besser. Aber man sieht deutlicher, wie tief die geistigen und sittlichen Schäden sind, die diese Republik sich in den letzten Jahren (Jahrzehnten?) zugefügt hat.

Versteht man dieses Buch aber bloß als ein Arsenal an Stichen in bzw. gegen die Unappetitlichkeiten der österreichischen Politik, dann entgeht einem die Substanz. Dann bewegt man sich lediglich auf der Ebene eines beliebigen und weitgehend unentscheidbaren Für-und-Wider-Diskurses. Armin Thurnher geht aber weiter, er bohrt tiefer und bezieht das Urteilsvermögen auf die aneinander gebundenen Begriffe Freiheit und Würde. Damit gewinnt jeder, der ihm gedanklich wirklich folgt, einen Maßstab für das jeweils eigene Denken und Handeln.

Natürlich ist es ein Buch über Österreich. Aber nicht ausschließlich. Vielleicht gar nicht in erster Linie. Es ist ein Buch über mich selbst und die Frage: Wie bewahre ich meine Würde in diesem Land, oder in einem anderen? Wer auch immer was auf dem Kerbholz hat, den ersten Schritt der Veränderung kann immer nur ich selbst tun. Das ist tatsächlich eine Zumutung, eine Zumutung der Würde. Ingeborg Bachmann sagte in einer oft erwähnten Rede, von der aber leider immer nur der Titel zitiert wird: „Ich glaube, dass dem Menschen eine Art des Stolzes erlaubt ist – der Stolz dessen, der in der Dunkelheit der Welt nicht aufgibt und nicht aufhört, nach dem Rechten zu sehen.“ Darum geht es hier auch. Nicht nur um Österreich.

Bemerkenswerter Weise wurde und wird das Buch in einer breiteren österreichischen Medienöffentlichkeit kaum registriert. Warum das so ist, ja geradezu sein muss – auch davon handelt dieses Buch, leben wir doch inmitten einer strukturell korrumpierten Medienlandschaft, die der alltäglichen Würdelosigkeit Hochglanz gibt. Supersauber.

Am Ende lernen wir Nina kennen. Nina ist eine mobile Krankenpflegerin im Weinviertel. Armin Thurnher begleitet sie einen Tag lang. Er kommentiert diesen Tag nicht. Er erzählt ihn nur. Am Ende des Tages weiß man, was man vorher vielleicht nur durchscheinen spürte. „Republik ohne Würde“ ist ein Buch über das Leben, über mein Leben.

Wird dadurch Politik weniger wichtig? Nein, wird sie nicht.

Freitag, 16. August 2013

Politik und Liebe

Liebe ist keine Kategorie der Politik, auch Nächstenliebe nicht.
Politik kann und muss respektvoll sein. Ihre Aufgabe ist es, die Rahmenbedingungen des Zusammenlebens so zu gestalten, dass sich Menschen in Freiheit entsprechend ihrer Talente und Ziele entwickeln können.
 
Überall wo freie Menschen einander begegnen, wird es Konflikte geben. Diese zu lösen oder zumindest in Würde – um einen von Armin Thurnher dankenswerter Weise in das Politische wieder eingeführten Begriff zu verwenden – lebbar zu machen, ist vorrangige Aufgabe der Politik.
 
Wer Liebe in die Politik einführt, macht aus ihr einen Kampfbegriff und zeigt damit, dass er von beidem nichts versteht: von den Möglichkeiten der Liebe nicht und ebenso wenig von Politik.
 
Man kann sich nicht vehement genug dagegen verwahren, von einer politischen Partei geliebt zu werden – gleich welcher.

Hausverstand

Ich fürchte nichts mehr als den Hausverstand. Denn bei ihm hängt alles davon ab, wo jemand zu Hause ist.

An sich ist das noch kein Problem. Doch nichts ist so rabiat überzeugt und im Auftreten so tyrannisch wie der Hausverstand. Er terrorisiert Menschen auch außerhalb des eigenen Hauses. Und das ist ein Problem.