Freitag, 27. September 2013

Korruption und Teilzeitpolitik

Die Einfälle von Frank Stronach finden immer weniger Gehör. Das ist einerseits seine eigene Leistung, andererseits aber auch die Leistung der Zuhörer und Zuseher.

Aber eine These verdient nach wie vor Aufmerksamkeit, da nicht auszuschließen ist, dass so mancher dabei leicht mit dem Kopf nickt oder sich am Stammtisch feixend auf die Schenkel klopft. Auf Stronach-Inseraten kann man neuerdings wieder lesen: „Berufspolitik führt zu Freunderlwirtschaft und Korruption. Deshalb will ich keine Berufspolitiker. 2 Perioden im Parlament sind genug. Wir müssen den Sumpf der Korruption jetzt trockenlegen.“

Nach zwei Legislaturperioden ist also Schluss. Dann geht’s wieder ab in die Privatwirtschaft oder wohin auch immer. Eine gute Idee? Wie wird sich ein solcher Politiker während seiner kurzen politischen Laufbahn verhalten?

Stellen wir uns dabei einen Politiker vor, der etwas von der Wirtschaft, vor allem von seiner eigenen, versteht. Er wird, ja er muss sich geradezu schon während seines Politikerdaseins nach einem neuen Job umsehen. Und dabei wird sehr bald die Neigung entstehen, sich bestimmten Firmen oder Branchen anzudienen. Entsprechend gefällige Gesetze werden die Folge sein.

Umgekehrt werden sich Firmen-Bosse und Public Affairs Manager aktiv in Parlament und Regierung umsehen und sich den Einfluss auf jene Politiker sichern, die sie dann in ihren Unternehmen arbeiten lassen. Politische Institutionen verkommen so zum Marktplatz für eine zahlungsfähige Firmen-Klientel. Und genau das scheint Frank Stronach auch zu wollen. Nur, das bedeutet nicht Beendigung, sondern Vertiefung und Ausweitung der Korruption.

In diesem Fall sollte man ein Transparenz-Gesetz beschließen, das folgendes festlegt: Politiker müssen in ihrer letzten Amtsperiode  - wie Fußballer oder Skiläufer – am Sakko, Hemd, Pullover oder am Hut die Werbung jener Firma tragen, in der sie nach ihrer politischen Laufbahn unterkommen werden. Das wird die Politik bunter machen, jedenfalls die Kleidung.

Freitag, 20. September 2013

Was meint der Papst?

Der Papst lässt aufhorchen. Von Anfang an. Zunächst mit einem „ Buona sera!“ am Peterplatz. Neuerdings mit einer neuen Tonalität in Fragen der Sexualmoral. Keine Frage, dieser Papst bewegt. Gut möglich, dass er auch etwas bewegt. Doch was bedeutet das?

Hören wir ihm letzten Interview etwas zu: "Wir können uns nicht nur mit der Frage der Abtreibung befassen, mit homosexuellen Ehen, mit Verhütungsmethoden. Das geht nicht. Ich habe nicht viel über diese Sachen gesprochen. Das wurde mir vorgeworfen. Aber wenn man davon spricht, muss man den Kontext beachten. Man kennt ja übrigens die An­sichten der Kirche, und ich bin ein Sohn der Kirche. Aber man muss nicht endlos davon sprechen." Außerdem sagt er: „Wir dürfen die Universalkirche nicht auf ein schützendes Nest unserer Mittelmäßigkeit reduzieren … Wir müssen also ein neues Gleichgewicht finden, sonst fällt auch das moralische Gebäude der Kirche wie ein Kartenhaus zusammen.“ Und in einer konkreteren Angelegenheit meint er. „Einmal hat mich jemand provozierend gefragt, ob ich Homosexualität billige. Ich habe ihm mit einer anderen Frage geantwortet: 'Sag mir: Wenn Gott eine homosexuelle Person sieht, schaut er die Tatsache mit Liebe an oder verurteilt er sie und weist sie zurück?'“
 
Keine Frage, Sätze wie diese sind nach Jahrhunderten der Verengung und Geiselhaft eine Sensation. Und dass der Papst seiner Kirche eine Besessenheit von der Sexualmoral vorwirft, hätte ich nie erwartet, von einem Papst zu hören. Allerdings ist das lange überfällig, denn es ist äußert als seltsam (und eben auch vielsagend), dass eine spirituelle Vereinigung wie die Kirche die Welt von der sexuellen Lebendigkeit der Menschen stärker bedroht sieht als durch moralische Defizite im gesellschaftlichen, religiösen, wirtschaftlichen und politischen Leben. Hier beginnt also jemand klarer zu denken und Klartext zu reden. Das ist erfreulich.
 
Doch wenn ich Franziskus genau zuhöre, dann werde ich sehr bald skeptisch. Spricht hier ein Wolf im Schafspelz? Entsteht hier bloß eine Toleranz durch Ignoranz? Aussagen wie „Man kennt die Ansichten der Kirche … Aber man muss nicht endlos davon sprechen“ scheinen das nahezulegen. Die Haltung der Kirche wird im Kern nicht verändert. Nur der Fokus verändert sich. Er wird breiter. Oder er wird verschoben. Das Brennglas des Moralisierens wird nicht oder weniger häufig auf die Sexualität gelegt. Doch die Überzeugung der Glaubenskongregation, dass beispielsweise die natürliche von Gott gemachte Ordnung durch Homosexualität verletzt wird, bleibt. Und damit bleibt auch die strukturelle Gewaltsamkeit einer so begründeten Überzeugung. Der Papst will sie nur zurückhaltend ausgedrückt wissen.
 
Dennoch liegt darin eine Hoffnung. Die Hoffnung, dass sich eine große Organisation wie die Kirche einem echten Dialog stellt. Einem Dialog, in dem das Ergebnis nicht schon dogmatisch vorweggenommen ist. Diese neue Haltung wird die Kirche vielleicht auch in ihren Kernthesen verändern. Doch es ist größte Vorsicht geboten. Denn es kann auch eine Marketingstrategie sein, die sich darum bemüht, den dogmatischen Kern kirchlicher Wahrheitsbehauptungen am gegenwärtigen Meinungsmarkt besser zu bewerben.

Donnerstag, 5. September 2013

Todesstrafe?

Der nordamerikanische Wirrkopf-Import in den österreichischen Wahrkampf sorgt für unerwartete Diskussionen. Diese sollte aber kurz und prägnant sein. Für die Todesstrafe gibt es kein Argument, das in einer zivilisierten und rechtsstaatlichen Gesellschaft zulässig ist. Pragmatische Argumente des Nutzens sowieso nicht. Warum?
 
Dass die Todesstrafe ein Widerspruch in sich selbst ist, da man ein Gewaltverbrechen mit einer gleichrangigen Gewalttat sanktioniert, greift als Argument allerdings zu kurz. Denn genau das tut jeder Rechtsstaat. So ist beispielsweise Freiheitsentzug ein Verbrechen, das mit Freiheitsentzug geahndet wird. Und selbstverständlich gibt es dafür zahlreiche weitere Beispiele.
 
Aus meiner Sicht liegt das wahre Argument gegen die Todesstrafe tiefer. Staatliches, säkulares Recht regelt das Leben. D.h. es regelt im Unterschied zu manchen religiösen Rechtssystemen ausschließlich das Diesseits, nicht das Jenseits. Insofern dürfen sich Rechte, Pflichten und Sanktionen auch nur auf das Diesseits, auf das Leben beziehen. Für jede Strafe, die die Grenzen des Lebens verlässt, gibt es keine rechtliche Begründung.